ZIK SiLi-nano geht mit neuen Forschungsthemen an den Start

Raketenschub für Spitzen-Forschung

Die Neuigkeiten sind riesengroß, die Schrift ist klitzeklein. Im halleschen Zentrum für Innovationskompetenz, kurz ZIK SiLi-nano, könnte Professor Jörg Schilling die Schlagzeilen auf nur wenigen Mikrometern aufschreiben – genau so, wie er es kürzlich schon zur Langen Nacht der Wissenschaften NDW vor neugierigen Besucheraugen demonstrierte. Keine Frage: Das gelingt dem Physiker nicht mit der Hand, sondern mithilfe der „Ionenstrahl-Bohrmaschine“, wie er liebevoll zu seinem Zweistrahl-Ionenmikroskop sagt. Der Ionenstrahl jenes Hightech-Gerätes vermag es, kleinste Material-Strukturen im Nanobereich aufzubrechen und so etwa auch Wörter in Haaresbreite auf Trägermaterialien zu schreiben. 

Doch zurück zu den handfesten Neuigkeiten, die groß geschrieben werden müssen. Das ZIK SiLi-nano kann von einer zweiten Förderperiode des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) profitieren. Das ZIK hat sich in kurzer Zeit zu einem Nukleus exzellenter Forschung entwickelt, heißt es in der Begründung des Ministeriums. Dank dieser BMBF-Förderung verdoppeln sich bald schon die Kapazitäten. „Bestand unser Zentrum bislang aus zwei Nachwuchsgruppen, kommen Anfang nächsten Jahres zwei weitere hinzu“, verrät Schilling, der seit 2009 am ZIK SiLi-nano als Nachwuchsgruppenleiter „Silicon-to-Light“ Forschungen auf dem Gebiet der Silizium-Photonik betreibt. Das BMBF stellt für die nächsten fünf Jahre somit rund sechs Millionen Euro zur Verfügung. Die zu besetzenden Stellen der neuen Gruppenleiter - darunter auch eine Juniorprofessur im Bereich Chemie  - wurden bereits ausgeschrieben.

„Photovoltaik ist immer noch das aktuelle Thema. In den letzten Jahren gibt es aber neue Entwicklungen, wo es nicht mehr nur um die Stromerzeugung aus Licht geht, sondern auch um die Speicherung der erzeugten Energie in Form von Wasserstoff“, erklärt der 41-Jährige. Man versuche beispielsweise Stromerzeugung und Energiespeicherung intelligent miteinander zu verknüpfen. Eine der künftigen Nachwuchsgruppen, die sich unter dem Arbeitstitel „Light-for-Hydrogen“ firmiert, verfolge dabei die Idee der klassischen Elektrolyse von Wasser. Bei ihr soll die elektrische Energie der Solarzelle postum in chemische Energie umgewandelt werden. Dazu wird Wasser durch Anlegen einer elektrischen Spannung in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.  Als neuer Ansatz wird dabei besonders die Verwendung von Perowskit-Materialien verfolgt. Diese Materialien, so Schilling, sind derzeit „en Vogue“, weil sie eine ganze Reihe von interessanten Eigenschaften mitbringen. „Uns interessieren besonders die oxidischen Perowskite, weil sie chemisch stabil und daher für die elektrochemischen Prozesse sehr gut geeignet sind.“ Die Nachwuchsgruppe, die sich mit dieser Aufgabenstellung befasst, wird sehr eng mit Wissenschaftlern des Instituts für Chemie der  Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zusammenarbeiten. Für diese Gruppe wurde sogar eine Juniorprofessur eingeplant.
Die zweite Nachwuchsgruppe “Light-for-High-Voltage Photovoltaics“ wird sich mit ganz ähnlichen Materialien beschäftigen, die auch zur Gruppe der Perowskite gehören. „Hier handelt es sich speziell um ferroelektrische Materialien“, fährt Schilling weiter fort. Ziel sei es, Solarzellen zu entwickeln, die deutlich höhere Spannungen aus Sonnenlicht generieren können. „Eine normale Silizium-Solarzelle schafft um die 0,5 bis 0,7 Volt. Wenn man Ferroelektrika einsetzt, kann man durchaus deutlich höhere Spannungen erzeugen“, so der Physiker. Allerdings gibt es einen Knackpunkt. „Diese Materialien funktionieren nach einem völlig anderen physikalischen Mechanismus. Da wartet viel Forschungsarbeit auf uns. Praktisch wurde aber schon gezeigt, dass Spannungen von 8 bis 16 Volt realisierbar sind – und das ist noch nicht das Ende.“

Doch was hat das technisch für Vorteile? Höhere Spannungen bedeuten nicht gleich mehr Leistung. „Stimmt, die kann sogar niedriger sein“, bestätigt der Wissenschaftler. Allerdings bringen höhere Spannungen für manche Anwendungen wichtige Vorteile. So ist z.B. für die schon angesprochene effiziente Elektrolyse von Wasser oft eine höhere Spannung von ca. zwei Volt erforderlich. Die Entwicklung einer robusten monolithischen, auf ferroelektrischen Perowskiten basierenden Zelle wäre hierfür interessant. Momentan ist die Effizienz dieser neuen Materialien aber noch recht gering. Zur Problemstellung der neuen Nachwuchsgruppe gehört deshalb auch die Verbesserung des  Wirkungsgrades.

Die neuen Nachwuchsgruppenleiter im ZIK SiLi-nano werden bereits im Herbst diesen Jahres bestimmt. Wenn alles nach Plan läuft, könnten die Nachwuchs-Gruppen Anfang 2016 ihre Forschungsarbeit aufnehmen. Ansässig im Bürogebäude wird die Forschungstätigkeit laut Prof. Schilling zum Großteil im TGZ III stattfinden – und nicht nur dort. Das ZIK kann auf eine breite Forschungsinfrastruktur zurückgreifen. Denn die Themen spiegeln sich als zentrale Thematik in einer Reihe von interdisziplinären Forschungsverbünden wider. Kooperationspartner sind dabei verschiedenen Gruppen der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg (MLU), das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM), das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP) und das Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik.

Bei den „Zentren für Innovationskompetenz: Exzellenz schaffen – Talente sichern“ handelt es sich um ein Förderprogramm der Innovationsinitiative Unternehmen Region des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Insgesamt stehen für 18 ZIKs aus zwei Programmrunden von 2002 bis 2020 mit der aktuellen Förderentscheidung fast 350 Millionen Euro zur Verfügung.

 

Text und Foto: Michael Deutsch

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